Martina Gräßle vom Österreichischen Falknerbund bei der Jagd
10 Fragen & Antworten zur Falknerei:
Von A wie Anbindehaltung bis Z wie Zucht. Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Falknerei in Österreich:
10 Fragen zur Falknerei
in Österreich
1. Was sind Greifvögel?
Umgangssprachlich werden oft alle Vogelarten, die sich von Fleisch ernähren, Fangklauen haben, mit denen sie die Beute greifen (daher auch der Begriff „Greifvogel“) und einen krummen Schnabel haben, als Greifvögel bezeichnet.
Wissenschaftlich wirkt die Einteilung etwas umständlicher, hat aber ihre Begründung. Alle Lebewesen werden in der Biosystematik wissenschaftlich kategorisiert. Die Einteilung erfolgt anhand von stammesgeschichtlichen Zusammenhängen. Durch neue Erkenntnisse der Genetik ist es in den letzten Jahrzehnten zu neuen Einteilungen verschiedener Zweige in der Systematik gekommen.
Die Greifvögel werden unter den Habichtartigen zusammengefasst. Der Begriff Habichtartige umfasst alle segelfliegenden Greifvögel, darunter sind die Geier, Adler, Bussarde, Milane, Weihen, Habicht und Sperber mit all ihren Unterarten. Die Falken zählen streng genommen nicht zu den Greifvögeln, umgangssprachlich werden aber auch sie oft als Greifvögel bezeichnet. Falken sind nicht mit den anderen Greifvögeln verwandt. Stammesgeschichtlich besteht eine nähere Verwandtschaft der Falken zu den Papageien. Eulen sind eine Ordnung, die ebenfalls keine nähere Verwandtschaft zu den Greifvögeln oder zu den Falken aufweist. Umgangssprachlich werden sie dennoch oft als Nachtgreifvögel bezeichnet.
In vergangenen Jahrzehnten waren Überbegriffe wie Raubvögel und Krummschnäbel gängig. Raubtiere sind fleischfressende Tiere, demnach sind Raubvögel alle beutegreifenden Vögel wie Habichtartige, Falken und Eulen. Unter dem Wort Krummschnabel ließen sich diese ebenfalls zusammenfassen, anhand dieses auffälligen Merkmals, das sie alle aufweisen. Auch das Wort Geier wurde in den letzten Jahrhunderten als Überbegriff für die krummschnäbeligen, beutegreifenden Vögel verwendet. Das Wort „Geier“ stammt aus dem mittelhochdeutschen/althochdeutschen Wort „gir“ und bedeutet Gier/gierig.
2. Wie alt wird ein Falke, Bussard oder Adler?
In der Falknerei erreichen diese Arten oft Höchstalter. Sie werden in der Falknerei deutlich älter als in der Natur, und sogar älter als in Zoos. Das liegt an einer idealen Ernährung, einer ordentlichen Gesundheitsversorgung und im Unterschied zum Zoo am Freiflug, der der natürlichen Lebensweise am nächsten kommt und den Stoffwechsel des Vogels positiv beeinflusst.
- In Falknershand können die meisten Falkenarten ein Alter von 15 – 20 Jahren erreichen.
- Einer der ältesten Falken wurde 28 Jahre alt, dies ist jedoch eine seltene Ausnahme, denn bereits 20 Jahre sind ein langes Leben für einen Falken.
- Bussarde in Falknershand werden oft um die 25 Jahre,
- Adler sogar durchschnittlich 35 Jahre.
- Geier sind noch langlebiger, mit um die 45 Jahre.
Das Gerücht, dass in der Falknerei nur junge Vögel verwendet werden, weil sie mit zunehmendem Alter aggressiv werden, bleibt eine unwahre Behauptung. Falkner haben ihre Vögel oft sehr lange. Es gibt durchaus Falkner, die mit ihren Vögeln im fortgeschrittenen Alter jagen. Es ist als Außenstehender wunderbar zu sehen, wie ein über viele Jahre eingespieltes Team aus Greifvogel und FalknerIn harmonisiert. Auch in Flugvorführungen werden entgegen mancher Behauptung ältere Vögel geflogen, durchaus auch Adler und Geier jenseits der 20 bzw. 30 Jahre.
Die FalknerInnen passen sich den Bedürfnissen ihrer Schützlinge an, denn ein Senior unter den Vögeln ist, wie bei allen Lebewesen, nicht mehr so agil wie ein junger, genießt den Freiflug aber noch genauso, wenn er sich in der Thermik tragen lassen kann.
3. Woher nehmen Falkner ihre Greifvögel und Falken?
Seit den 70er-Jahren gelingt es erfolgreich Greifvögel zu züchten. Dank der Zucht der Wanderfalken durch Falkner in Deutschland konnten europaweit die Bestände dieser Spezies gesichert werden. In Österreich werden keine Greifvögel und Falken aus der Natur entnommen, um sie für die Falknerei zu nutzen. In vergangenen Jahrzehnten war das Aushorsten von Greifvögeln und Falken in Österreich noch erlaubt. Dabei handelt es sich um eine Zeit, in der auch der Abschuss der Greifvögel erlaubt war und teilweise sogar gefördert wurde. Die Gesellschaft hatte damals kaum bis wenig übrig, für die „Raubvögel“ und sah sie als Schädlinge an. Sie hatten damals einen anderen Stellenwert. FalknerInnen hingegen schätzten sie.
Alle Greifvögel, die bei FalknerInnen anzutreffen sind, stammen aus Nachzuchten in Menschenobhut. Der Handel mit Greifvögeln und Falken ist durch das Washingtoner Artenschutzabkommen streng geregelt und behördlich kontrolliert. Durch die heutigen Möglichkeiten wie DNA-Analysen weisen Züchter nach, dass die Jungvögel Nachkommen ihrer Vögel sind. Die Greifvogel- und Falkenzucht ist somit eine der am strengsten kontrollierten Zucht von Tieren in Österreich! Zucht heißt nicht gleich Handaufzucht. In den meisten Fällen funktioniert die Aufzucht der Jungvögel am besten, wenn diese von ihren Eltern aufgezogen werden.
Interview mit Martina Gräßle
Österreichischer Falknerbund
Die Ausübung der Falknerei, dem UNESCO Weltkulturerbe, ist in Österreich nur mehr eine kleine Randerscheinung der Jagd. Mittlerweile hat sie aber an Facetten dazu gewonnen: Auch die Greifvogelkunde, der Greifvogelschutz und die Greifvogelzucht sind heute Aspekte der Falknerei. Im Interview erklärt dies Martina Gräßle vom Österreichischen Falknerbund:
4. Sind Greifvögel in der Falknerei fehlgeprägt?
Vorweg: Der durchschnittliche Falknervogel ist nicht fehlgeprägt. Eine Fehlprägung von Greifvögeln oder Falken würde zur Ausübung der Beizjagd mehr Nachteile als Vorteile bringen. Um die Frage korrekt zu beantworten, muss erst aufgezeigt werden, was Prägung ist: Prägung nennt man in der Verhaltensbiologie eine irreversible Form des Lernens: Während eines meist relativ kurzen, genetisch festgelegten Zeitabschnitts (sensible Phase) werden Reize der Umwelt derart dauerhaft ins Verhaltensrepertoire aufgenommen, dass sie später wie angeboren erscheinen. Mit „irreversible“ ist gemeint, dass das Verhalten, das durch Prägung erlernt wurde, zeitlebens nicht geändert werden kann.
Fehlprägung ist die Prägung auf ein falsches, unter natürlichen Umständen nicht zu erwartendes Objekt, so dass das geprägte Verhalten seine Funktion nicht erfüllen kann. Ist der Falkner ein solches „falsches Objekt“, das unter natürlichen Umständen nicht zu erwarten ist? Ja, das ist er durchaus. Aber prägen die FalknerInnen ihre Vögel auf sich, damit die Greifvögel zu ihnen zurückkehren? Nein! Die Grundlage der Falknerei ist und bleibt eine enge Mensch-Tier-Beziehung, die der Falkner mit Geduld und Einfühlungsvermögen erreicht und stets pflegen muss, um sie aufrecht zu erhalten.
Bei dieser Beziehung handelt es sich allerdings nicht um eine Fehlprägung.
Denn eine Fehlprägung schließt aus, dass der Vogel jemals wieder mit Artgenossen vergesellschaftet werden kann oder selbständig jagen kann, und dem Menschen gegenüber das angelernte Verhalten nicht ablegt. Jedoch ist bekannt, dass Falknervögel immer wieder zu harmonisierenden Zuchtpaaren mit einem Artgenossen zusammengestellt werden. Auch sind Falknervögel in der Lage, selbstständig zu jagen und sich zu ernähren. Außerdem löst sich die Bindung vom Vogel zum Falkner, wenn sich der Falkner über längere Zeit nicht mit dem Vogel beschäftig. Die Beziehung ist dann nicht mehr gegeben und der Greifvogel oder Falke „verwildert“ wieder.
All das weist darauf hin, dass es sich bei der Mensch-Tier-Beziehung zwischen Greifvogel und Falkner nicht um eine (Fehl-)Prägung handelt. Die Beziehung zwischen Greifvogel und Falkner ist eine andere. Die „Magie“ der Falknerei besteht darin, das Vertrauen eines Greifvogels zu gewinnen und zu bewahren und kommt dem Wort „zähmen“ vielleicht noch am nahestehen. Denn „zähmen“ heißt „sich vertraut machen, sich annähern, sich kennenlernen“.
UNSERE
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Bildquellen & Video für diesen Beitrag: © Jeffrey Schuster
Autor für diesen Beitrag: J. Egger / Jagdfakten.at
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