„Serengeti darf nicht sterben“,

hieß ein vor gut 65 Jahren von Bernhard und Michael Grzimek herausgegebenes Buch. Ich habe es mit Begeisterung in meiner Jugend gelesen. Den Film dazu habe ich auch gesehen, für den die beiden einen Oscar erhielten. Spätestens seit damals bewegt die mannigfaltige Tierwelt Afrikas die Menschen in aller Welt. Die Sorge um ihr Überleben wächst.

Dieser Gastbeitrag stammt von Dr. Rolf D. Baldus.

Nachhaltiger Jagdtourismus

als Instrument des Naturschutzes

Gefährdet werden die Wildtiere dort vor allem durch Verlust an Lebensraum. Der ist bedingt durch eine weiterhin stark wachsende Bevölkerung. Sie braucht Agrarflächen, Wohngebiete und Infrastruktur. In zweiter Linie ist es die kommerzielle Wilderei für Buschfleisch und Trophäen wie Elfenbein und Rhino-Horn. Inzwischen schaffen Mensch-Tier-Konflikte ein weiteres, ein drittes Gefahrenpotential. So werden Elefanten und Löwen wegen Ernteschäden oder als Revanche für den Verlust an Menschenleben geschossen oder vergiftet. Einen vierten Grund für den Rückgang des Wildes sehe ich in schlechter Politik, in schlechter „Governance“ der Regierungen in den Ländern mit Wildvorkommen.

Aus all diesen Gründen haben sich die Wildbestände in vielen Ländern Afrikas, nicht in allen, in den letzten Jahrzehnten drastisch verringert. Das ist Teil des massiven Rückgangs der Artenvielfalt weltweit. Dieses Thema stand auf der Tagesordnung der Weltkonferenz der Biodiversitätskonvention (CBD) im vergangenen Dezember in Kanada.

Der erste Pfeiler dieser Konvention ist:

Der Schutz von Biodiversität

Gefährdete Wildtiere stehen auf roten Listen und dürfen nicht getötet werden. Nationalparks sollen ihnen Schutz vor Verfolgung und ein natürliches Dasein bieten. Doch rote Listen sind nur so gut, wie sie umgesetzt werden. Und Nationalparks schützen nur einen geringen Teil der Wildbestände und ihrer Habitate. Viele Parks sind auch in einem schlechten Zustand, denn: In armen Ländern sind die Mittel zur Unterhaltung knapp. Es sind „Papierparks“, weil sie nur auf dem Papier stehen. Wie die Absicht der CBD-Weltkonferenz, 30% aller Land- und Wasserflächen bis 2030 unter Schutz zu stellen, praktisch verwirklicht werden kann, entzieht sich deshalb meiner Vorstellungskraft.

Was in der Regel unterschlagen wird: Die CBD hat dem Schutz die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen gleichgewichtig an die Seite gestellt. Das ist die zweite Säule der Konvention. Ein legitimes Instrument dieser nachhaltigen Nutzung, soweit Wildtiere betroffen sind, ist die Jagd. Denken wir immer daran: Wenn wir nachhaltig jagen, dann tun wir das auf dem Boden der „UN-Convention on Biological Diversity“. 150 Länder haben sie 1992 in Rio unterschrieben. Eigentlich ist das eine gute Grundlage für unser Jagen!

Warum die Jagd so wichtig ist, wurde schon oft gesagt und geschrieben. Ich wiederhole nur in Kürze die wichtigsten Argumente.

Jagd setzt Wild in Wert

 

Das schafft materielle Anreize für den Erhalt des Wildes, um es langfristig nutzen zu können: „Use it or lose it“. Das ist vielleicht etwas vereinfacht, aber es bringt die Sache auf den Punkt.

Der ökologische Fußabdruck des Jagdtourismus ist geringer als der des Massentourismus. Gleichzeitig sind die Erträge pro Besucher sehr viel höher. Die meisten Jagdgebiete sind für Fototouristen ungeeignet. Nähme man den Wildtieren ihren Wert, würden dort Maisfelder und Kühe an ihre Stelle treten. Ohne Jagd gingen Gebiete für die Natur verloren, die größer sind als alle Nationalparks zusammen.

Die nachhaltige Jagd in Afrika gefährdet keine einzige Tierart. Sie entnimmt ohnehin nur wenige Tiere. In ganz Afrika werden jährlich gerade einmal um die 120.000 Wildtiere legal von Jagdtouristen erlegt. Zum Vergleich: In Deutschland sind es über zwei Millionen Stück Schalenwild, die auf einem Bruchteil der Fläche geschossen werden. Ironischerweise fordern oft dieselben Leute, denen wir Jäger hier bei uns zu wenig schießen, dass in Afrika die Jagd verboten werden soll.

Jagdtourismus hat in den letzten Jahrzehnten, z.B. in Namibia oder Südafrika, dafür gesorgt, dass sich viele Tierarten zahlenmäßig wieder vervielfacht haben. Vielerorts trägt er in erheblichem Maße zur Sicherung der ländlichen Lebensgrundlagen der Menschen bei („rural livelihoods“). Kein Zufall, dass auch der IUCN sich für die kontrollierte Jagd als Mittel des Naturschutzes ausspricht.

Jagdverbote sind hingegen kontraproduktiv. Schauen wir auf Kenia, wo die Jagd seit 1978 verboten ist. Die Zahlen sprechen nicht dafür, dass das ein Erfolgsmodell war.

Es ist zwar paradox und für eine verstädterte, naturferne Bevölkerung in Europa und Nordamerika – mangels Sachkenntnis – schwer einzusehen, dass die kontrollierte Bejagung gefährdeter oder seltener Tiere zu ihrem Erhalt beitragen kann. Aber weil das so ist, genehmigt das Washingtoner Artenschutzabkommen, CITES, seit Jahrzehnten auch die Aus- und Einfuhr der Jagdtrophäen gefährdeter Tierarten, wenn dies zu ihrem Erhalt beiträgt.

Use it or lose it

 

Aus meiner eigenen Lebenserfahrung will ich mit einem Beispiel aufzeigen, wie „use it or lose it“ in der Praxis funktioniert. Als ich 1987 ein deutsches Hilfsprojekt im Selous in Tansania begann, da hatte dieses Wildreservat mit 50.000 qkm ein staatliches Budget von 100.000 Dollar, also gerade einmal zwei Dollar pro qkm. Es gab nur zwei ausgeleierte Landrover, keine Uniformen, keine Zelte, keine Patrouillen. Ergebnis: 5.000 tote Elefanten im Jahr. Ihr Bestand war zu der Zeit gerade von über 100.000 auf unter 30.000 gefallen.

Damals wollte man mir weismachen, angesichts dieser desolaten Lage sei die Jagd einzustellen und deshalb zu verbieten. Wir haben stattdessen weiter jagen lassen. Mein Motto war: Viele Wildtiere retten, indem man einige wenige erlegt.

Wir erreichten in schwierigen Verhandlungen mit dem Finanzminister, dass das Reservat die Hälfte seiner Einnahmen aus dieser Bejagung einbehalten durfte. Fünf Jahre später hatte der Selous eigene Einnahmen von jährlich über sechs Millionen Dollar. Die Hälfte davon floss in den Park. Zu 90% kamen diese Einnahmen aus der Jagd. Statt weg gewildert zu werden, stieg der Bestand an Elefanten wieder auf weit über 70.000 an.

Ein Wort der Vorsicht in diesem Zusammenhang: Der Satz „Jagd ist angewandter Naturschutz“ ist zu simpel. Auch für Afrika gilt das nicht uneingeschränkt. Schlechte Jagd ist auch dort schlecht. Dazu kann ich aus eigener Erfahrung mit dem Management von Jagdtourismus ausreichend Beispiele nennen.

Dennoch kann man im Grundsatz festhalten:

  • Die Forderung nach einem Totalschutz des Wildes lässt sich sachlich nicht rechtfertigen.
  • Weder wirtschaftlich noch sozial ist sie plausibel.
  • Nachhaltige Jagd nützt Mensch und Tier gleichermaßen.
  • Deshalb lehnen die Regierungen der Jagdländer sowie die Bevölkerung vor Ort Jagdverbote ab.

Wie kommt es dann, dass gegen die Auslandsjagd in den letzten Jahren international ein derartiger Druck und Widerstand aufgebaut wurde? Regierungen verbieten Trophäeneinfuhren. Deutschlands Grüne haben das im Programm stehen, und der grüne Landwirtschaftsminister hat – ohne die Koalitionspartner SPD und FDP zu fragen – in Berlin verkündet, dass Deutschland aus dem Internationalen Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC) austritt, denn an der Trophäenjagd werde „breite gesellschaftliche Kritik geübt“. Und weiter: „Die Bejagung von zum großen Teil geschützten Arten widerspricht zudem der grundsätzlichen politischen Ausrichtung der Bundesregierung.“ Die Liberalen in der Bundesregierung haben dem bereits widersprochen.

Des Weiteren hat das EU-Parlament kürzlich für ein solches Verbot gestimmt. Dutzende von Airlines nehmen keine Jagdtrophäen mit. Die veröffentlichte Meinung ist überwiegend gegen die Auslandsjagd. Ich könnte die Aufzählung fortführen.

Ursächlich sind die Aktionen von Jagdgegnern, die inzwischen weltweit koordiniert werden. Da sie für den Erhalt vieler gefährdeter Tierarten kontraproduktiv sind, nenne ich sie als fünfte große Gefahr für das Überleben des Wildes in Afrika.

Fünfte große Gefahr
für das Überleben des Wildes in Afrika

Warum gibt es aber so viele NGOs, die sich dem Thema mit so viel Inbrunst hingeben? Meine Erfahrung der letzten 30 Jahre hat mich zu einem eindeutigen Urteil geführt. Ja, es gibt vermeintliche Tierliebe, fehlgeleiteten Tierschutz, Tierrechts-Ideologie und Jägerhass. Das Wichtigste aber: Die Agitation, der Aktivismus, der Kampf gegen die Jagd, vor allem in Afrika und bei charismatischen Tierarten, ist ein überaus erfolgreiches Geschäftsmodell geworden. Alljährlich wird damit ein Milliardenbetrag verdient. Tausende leben davon. Hier bei uns – nicht in Afrika! Das sind ein paar Dutzend große Organisationen, die den Löwenanteil abräumen. Hinzu kommen Mini-NGOs im fünfstelligen Bereich. Kontrollen? Fehlanzeige!

Und warum sind diese Organisationen und ihr bezahltes Personal völlig resistent gegen Fakten und Argumente? Nun, wer lässt sich schon gern sein Geschäftsmodell widerlegen und kaputtmachen! Ich muss leider bekennen, dass ich inzwischen jeden Versuch, mit diesen NGOs das Gespräch oder den Austausch zu suchen, als sinnlos ansehe. Sie wollen es nicht.

Es ist dabei auch völlig normal geworden, mit Lügen, Fälschungen oder Fake News zu arbeiten. Die werden nicht korrigiert, auch wenn sie mit Fakten widerlegt werden. Renommierte britische Forscher sprachen kürzlich von einer „weltweiten Lawine der Desinformation“.

Nur ein Beispiele dazu: Der Löwe „Cecil“. Sie erinnern sich: Das war der Löwe, den ein amerikanischer Zahnarzt im Jahr 2015 in Simbabwe in die ewigen Jagdgründe beförderte. Tierorganisationen inszenierten den völlig normalen und im Wesentlichen legalen Abschuss eines uralten Löwen außerhalb eines Nationalparks zu einem internationalen Skandal, wie es ihn davor im Wildtier-Bereich nie gegeben hat. In Spitzenzeiten gab es täglich bis zu 12.000 redaktionelle Beiträge weltweit in den Medien – bis hin zur Tagesschau. Die sozialen Netzwerke quollen über von emotionalen Kommentaren und blankem Hass. Der Fall verfolgt uns bis heute.

Das meiste, was dazu veröffentlicht wurde, war unwahr. Kluge PR-Profis inszenierten den perfekten Sturm. Die beteiligten „postfaktischen“ Organisationen machten Millionen und klopften Regierungen weich.

Ohne Jagd wäre dieser Löwe
nie geboren worden

 

Doch das Entscheidende, was niemandem aufgefallen ist: Ohne Jagd wäre dieser Löwe nie geboren worden. Stattdessen wäre schon sein Großvater und die ganze Verwandtschaft zum Schutz der Rinder abgeschossen oder vergiftet worden, wie das in vielen Ländern Afrikas ansonsten leider üblich ist.

Einer der Pioniere des Jagdtourismus in Simbabwe, Peter Johnstone, sagte mir vor 30 Jahren ganz in der Nähe des späteren Cecil-Reviers: „Jahrelang habe ich viel Geld ausgegeben, um die Löwen zum Schutz meiner Rinder abschießen zu lassen. Jetzt verdiene ich Geld damit, dass ich Löwen und anderes Wild hege und gelegentlich einen alten Mähnenlöwen von einem Gastjäger schießen lasse.“

Das ist die Wahrheit über den Löwen, dem man den menschlichen Namen „Cecil“ verpasst hatte.

Typisch für alle diese Organisationen ist, dass sie die Afrikanerinnen und Afrikaner außen vor lassen. Diejenigen, die unmittelbar betroffen sind, werden nicht gefragt. Ihnen versucht man stattdessen vorzuschreiben, wie sie mit ihrer Natur umgehen sollen. Wer nicht spurt, dem wird ein Tourismusboykott angedroht. So etwas nenne ich Neo-Kolonialismus. Deswegen sage ich laut und deutlich: Die grünen Parteien, viele Mitgliedsorganisationen des Deutschen Naturschutzbunds – das sind, egal wie „woke“ sie sich geben, Organisationen mit neo-kolonialer Einstellung, jedenfalls soweit es die Auslandsjagd betrifft.

Ist es nicht absurd, dass Leute in europäischen Großstädten darüber entscheiden wollen, wie in Afrika Großwild behandelt wird, das alljährlich hunderte von Menschen tötet und andere dem Hunger preisgibt? Und ist es nicht anmaßend, wenn Europäer, ohne dass sie Verantwortung tragen, Landbesitzern in Afrika die Form der Landnutzung vorschreiben? Der kenianische Ökologe Ogada sagte im Interview mit Geo: „Naturschutz ist der neue Kolonialismus“.

Basisgruppen, die Millionen von Menschen im südlichen Afrika vertreten, verlangen ein Ende der Verunglimpfung ihrer Erfolge im Naturschutz. Sie fordern die sofortige Anerkennung ihres Menschenrechts auf nachhaltige Nutzung ihrer natürlichen Ressourcen:

Alles andere bedeutet, die Rechte von Tieren über die Rechte von uns Afrikanerinnen und Afrikanern zu stellen“, sagte Maxi Pia Louis vom Community Leaders Network.

Wenn die Jagdgegner die Instrumente der klassischen und neuen sozialen Medien hochprofessionell und vor allem so erfolgreich spielen, dann müssen wir fragen: Was haben die Jäger dem entgegenzusetzen?

Ganz wenig, so lautet das ernüchternde Fazit. Kaum ein nationaler Jagdverband nimmt sich des Themas an. Das einzige erfolgreiche praktische Beispiel der letzten Jahre ist die „Koordinationsstelle für Auslandsjagd und internationalen Artenschutz“. Sie ist vor vier Jahren von der deutschen CIC-Delegation zusammen mit dem Deutschen Jagdverband gegründet worden und hat erreicht, dass auch wir mit unseren Argumenten von den seriösen Medien inzwischen zur Kenntnis genommen werden. In den sozialen Medien, mit Filmen und mit Veröffentlichungen nehmen wir jetzt an öffentlichen Diskursen teil.

Wir dürfen uns allerdings keinen Illusionen hingeben. Die Anti-Jagd-Gruppierungen, die uns an Zahl, an Mitgliedschaft, an Geld und an politischem Einfluss weit überlegen sind, werden in ihren Bemühungen um ein Verbot der Auslandsjagd nicht nachlassen. Wer als Jäger glaubt, das gehe ihn nichts an, da er ohnehin nur zu Hause Hase, Reh oder Rotwild jagt, der irrt. Sobald das Ausland abgehakt ist, geht es im Inland weiter.

Die Jagdfakten.at Redaktion bedankt sich für diesen Gastbeitrag bei Dr. Rolf D. Baldus.

eine echte Jägerin, Waldpädagogin Elisabeth Schlemper, MSc.

DIESEN
BEITRAG TEILEN