Auch Waffen brauchen Pflege:
Bei Autos ist die jährliche Wartung gesetzlich vorgeschrieben, bei Jagdwaffen ist sie ebenso wichtig. Werner Sodia, Büchsenmachermeister in Wien, über die Notwendigkeit einer regelmäßigen Reinigung und ein Handwerk, das sich im Laufe der Jahre mehr und mehr verändert hat.
WAFFENPFLEGE
Im Gespräch mit Werner Sodia
Im Innenhof eines Hauses im 4. Wiener Gemeindebezirk befindet sich das Reich des Werner Sodia. Ein wenig versteckt ist es, ja, aber immerhin prangt vor der Einfahrt gut sichtbar das Schild mit dem Namen, der nicht nur Waffenkennern geläufig ist.
Werner Sodia entstammt einer Büchsenmacherdynastie, gegründet 1871 von Franz Sodia, dem Urgroßvater. Dessen Sohn war es, der die Firma mit Sitz in Ferlach, Kärnten sehr innovativ aufgestellt sowie Basküle und Fertigung soweit verbessert hat, dass man aus einem System verschiedene Modelle bauen konnte. In den wirtschaftlich stärksten Zeiten beschäftigte das Unternehmen allein 132 Büchsenmacher – und war zugleich der einzige Betrieb, der eine komplette Büchse selbst fertigen konnte, welche weltweit verkauft wurde. Auch die Nachfolge sollte gut geregelt sein: Drei der insgesamt sechs Kinder blieben dem Büchsenmacherhandwerk treu, einer bekam Ferlach, den beiden anderen wurde der Start mit einem Geschäft in Salzburg und in St. Pölten ermöglicht.
Werner Sodia ist einer von zwei Söhnen der Salzburger Linie und Büchsenmachermeister. Nicht, weil er das unbedingt werden wollte, „aber ich war am Ende froh, dass mein Vater mir die Entscheidung abgenommen hat, weil ich keinen Plan B hatte“. Sodia lernte in Ferlach in der Fachschule und bei seinem Onkel Franz Sodia, absolvierte in Salzburg die Meisterprüfung und baute seine Kenntnisse im elterlichen Betrieb aus, wobei es heute nicht mehr um die Fertigung einer handgefertigten Waffe geht, sondern vor allem um Reparaturen.
„Ich habe im Laufe der Jahre nach der Schulzeit vielleicht vier, fünf Waffen selbst gemacht. Aber dann hat mir die Zeit gefehlt – Handel und Werkstatt gemeinsam geht sich nicht aus.“ Grundsätzlich habe sich die Fertigung von Waffen auf „die großen Betriebe“ verlagert, die Büchsenmacherei ist ein aussterbendes Gewerbe, das immer seltener ausgeübt wird. Sodia: „In Ferlach werden aktuell nur eine Handvoll Schüler ausgebildet. Wobei es nicht so ist, dass Büchsenmacherlehrlinge nicht gefragt wären – es fehlt allein die Zeit, sie handwerklich aus- und weiterzubilden.“
Waffen
regelmäßig warten
Grundsätzlich hat Sodia mit Reparaturen und Wartung ohnehin alle Hände voll zu tun – trotzdem sein Appell an die Jäger:
Bringen Sie Ihre Waffen regelmäßig zum Warten!
„Das tun viele leider zu selten“, reklamiert Sodia. „Es wird geschossen, gejagt, geschossen, gejagt – bis das Ding dann irgendwann nicht mehr geht.“ Weil Sodia das Thema sehr am Herzen liegt, veranschaulicht er es auch gern mit einem Beispiel aus der Automobilindustrie:
„Der Reifendruck eines Autos beträgt circa 2,5 bar. Niemand will in unmittelbarer Nähe stehen, wenn es den zerreißt. Zum Vergleich: Im Patronenlager entstehen zwischen 2.500 und 4.500 bar.“ Noch Fragen?
Warum ist die Wartung der Jagdwaffe so wichtig?
1. Bei jeder Schussabgabe entstehen Rückstände im Lauf, beispielsweise Pulverpartikel, Tombak, Kupfer, Messing oder Zink. Die Substanzen verengen die Züge und Felder, wodurch der Gasdruck steigt und das Geschoss an Präzision und Leistung verliert.
2. Das Projektil wirkt wie ein Schleifkolben und die scharfen Kanten des Dralls werden abgerundet.
3. Zudem bewirkt die Luftfeuchtigkeit eine chemische Reaktion mit den Pulverrückständen – dadurch können Rostnarben entstehen und den Lauf in sehr kurzer Zeit beschädigen.
4. Nicht nur die Pflege des Laufes ist wichtig, es können auch Schrauben an der Zielfernrohrmontage oder die Verbindungen zum Schaft locker werden. Zielfernrohre sind feinmechanische Bauteile, welche oft jahrelang am Gewehr montiert sind und keiner Überprüfung unterzogen werden.
Wie und wann merken Jäger, wann es Zeit ist, zum „Service“ zu kommen?
„Wenn der Schuss nicht mehr passt, also der Schuss gut abkommt, aber nicht dort landet, wo er hingehört.“
Die Fehlerquellen können dann vielfältig sein.
Vor- und Nachteile
von Schalldämpfern
Das Thema Waffenpflege hat sich auch durch den Einsatz von Schalldämpfern enorm verschärft, weiß Sodia. „Das war für die Branche ein Super-Hype, weil er die Schussleistung erhöht, den Rückstoß reduziert und den Mündungsknall auf ein erträgliches Maß reduziert.“ Aber dadurch ist auch mehr Pflege nötig als bei „normalen“ Waffen.
Sodia: „Nach Abgabe des Schusses und dem Öffnen des Verschlusses strömt Pulverschmauch zu einem großen Teil durch den Lauf in Richtung Patronenlager – das verschmutzt und belastet die Waffe.“ Wichtig: Der Schalldämpfer muss nach jeder Verwendung abgenommen werden, sonst kann durch austretendes Kondenswasser der Lauf rosten, was selbigen in sehr kurzer Zeit zerstört.
Prinzipiell rät der Fachmann, das Gewehr einmal im Jahr servicieren zu lassen und auch zwischendurch selbst gut zu pflegen (wichtig wäre es, zumindest den Lauf mit einer Putzschnur während der Saison zu reinigen) – „dann ist die Problematik bei weitem nicht so groß, als wenn ich gar nichts mache.“
UNSERE
LESE-EMPFEHLUNG
Bildquellen für diesen Beitrag: Sodia © Joseph Gasteiger
Autor für diesen Beitrag: U. Macher / Jagdfakten.at
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