Die Umwelt ist uns genauso wichtig wie Tier
Die Umwelt ist uns genauso wichtig wie dir. Die Umwelt ist uns genauso wichtig wie das Tier. Uns, das sind Jägerinnen und Jäger. Die sagen, der jagdlicher Eingriff sei notwendig, um Wald und Wild zu erhalten. Sie sagen auch, dass es ohne Jagd gar kein Wild mehr gäbe. Was ist dran, am Tod, der Überleben sichert?
TIERSCHUTZ DURCH JAGD
… echt jetzt?
Wild jagen heißt Wild töten. Das ist, was alle wissen. Eine Pirsch, eine Büchse, ein Knall – und aus. Doch wofür?
Ganz am Beginn, gleich nach den Bienchen und Blümchen und zwischen Säbelzahntigern, gab es darauf eine einfache Antwort: Um Fleisch zu beschaffen, die Familie zu nähren und damit – auch wenn das damals noch niemanden ganz klar war – das Wachstum des menschlichen Gehirnes zu ermöglichen. Doch jetzt, wo das massive menschliche Gehirn uns zu einer Spezies gemacht hat, in der die Nahrungsbeschaffung industriell gesichert ist und selbst der Fleischkonsum für den Einzelnen nicht mehr überlebensnotwendig ist, hat die Jagd neue Aufgaben.
Warum brauchen wir
die Jagd heute?
Wie gesagt, die Welt hat sich geändert. Der Anbau von Lebensmitteln und die Haltung von Nutztieren zur Fleisch- und Milchgewinnung begleitet die Menschen jedoch schon seit dem sesshaft werden. Damit begannen Menschen mehr Raum einzunehmen: Für den Anbau von Rohstoffen, für Unterkünfte und irgendwann auch für Transporte, Industrie, Sicherheit, für den Handel mit Rohstoffen, für Profitmaximierung und für Freizeitbeschäftigungen. Alle Winkel der Erde wurden erschlossen, nutzbar gemacht und umgestaltet. Das hat zur Folge, dass der natürliche Lebensraum wildlebender Tiere schwindet. Und ein Lebewesen, für den es keinen Raum mehr gibt, schwindet ganz schnell selbst.
Außerdem nerven manche Wildarten die Waldbesitzer und Landwirte. Wenn Reh- und Rotwild den Baumbestand verbeißen, etwa, oder an Baumrinden schälen und kleine Baumwüchslinge gleich ganz wegfressen. Dann ist der Wald weder zur Rohstoffgewinnung noch zum Schutz vor Hangrutschen und Lawinen zu gebrauchen. Auch die Speicherung von CO2 wird stark behindert.
Interessen abwägen
Dann geht es darum, Interessen abzuwägen: Reh gegen Baum, Wild gegen Ertrag, Überpopulation gegen Sicherheit. Wer da gewinnt, ist absehbar. In der Schädlingsbekämpfung war der Mensch immer schon gründlich. Das Wild – hier im Speziellen das sogenannte Schalenwild – hat keine Stimme. Es braucht, sozusagen, einen Fürsprecher.
Da, endlich, kommt die Jagd ins Spiel. Jägerinnen und Jäger verstehen sich als Mittelsmänner und Interessensvertreterinnen, die sich dafür einsetzen, das Reh, Hirsch und Gams neben den menschlichen Interessen einen Raum finden und freilebend erhalten bleiben können. Dazu müssen sie mit der Forschung im Bereich der Wildtierökologie zusammenarbeiten, um hierfür die richtigen Mittel und Wege zu finden.
Wie wird das Überleben der Arten durch die Jagd gesichert?
Jägerinnen und Jäger versuchen, sensible land- und forstwirtschaftliche Kulturen zu schützen, indem sie dort jagdlichen Druck ausüben und den Bestand reduzieren. Dafür müssen andernorts Ruhezonen für das Wild geschaffen werden. Im Winter lenken Jäger und Jägerinnen Rotwild mit Fütterungen in höhere Gebiete, damit sie nicht am Stangenholz zu Schaden gehen. Außerdem sichert die Jagd durch Wildkorridore die Wanderrouten des Wildes und verhindert damit eine Verinselung einzelner Populationen durch Zersiedelung oder Verkehrsnetzwerke.
Univ. Prof. Dr. Claudia Bieber, Leiterin des Forschungsinstituts für Wildtierkunde und Ökologie, erklärt:
„Die große Grätsche, die wir in den nächsten Jahren leisten müssen, ist, dass wir, wenn wir unsere großen Wildtierarten erhalten wollen, Schutzräume schaffen und das Wild managen müssen – und zwar großflächig. Wir können nicht in vielen kleinen Arealen dichte Bestände halten, die den Wald schädigen. Denn ohne Wald haben wir sowieso kein Wild mehr. Zusätzlich kann es bei „Verinselten Wildtier Populationen“ auch zur Inzucht kommen, was eine zusätzliche Bedrohung für die Bestände darstellt. All dies muss bedacht werden, daher ist Forschung hier so wichtig.“
Warum leidet das Niederwild?
Auf den Flächen, die von der Landwirtschaft genutzt werden, leidet vor allem das sogenannte Niederwild. Dazu zählen wilde Hühnervögel, wie Fasan und Rebhuhn und Hasenartige, wie der Feldhase und das Wildkaninchen. Sie haben durch die großflächige Bewirtschaftung der industriellen Landwirtschaft Deckung und Äsung verloren, ihr Lebensraum schwindet zugunsten der Verbauung.
Für die Ökologin Dr. Bieber ein Problem, das nur gemeinsam gelöst werden kann:
„Wir haben eine Vorstellung davon, was mal ein ursprünglicher Lebensraum war. Wir wissen, dass es im Moment für die Tiere sehr schwierig ist. Wir wissen aber noch nicht, wie die Lösung des Problems aussehen wird. Ich sehe Potential, wenn wir in eine Situation kommen, in der wir uns zusammensetzen, und konkrete Maßnahmen entwickeln. Wir, das sind die Bevölkerung, die Nutzen will, die Forstwirtschaft, die überleben will, die Politik, die Forschung und die Jägerschaft.“
Ähnlich ergeht es den wilden Hühnervögeln in höheren Lagen. Auer- und Birkwild verlieren ihren Lebensraum an die Monokulturen der Forstwirtschaft. „Wenn wir nichts ändern, sieht das für unseren Lebensraum und den der Wildtiere sehr, sehr schlecht aus,“ betont Dr. Claudia Bieber.
Lebensraum für Wildarten sichern
Gilt das für alle freilebenden Tierarten in Österreich?
Schon mal von der gewöhnlichen Nasenschrecke gehört? Sie ist eine Heuschreckenart, die in Österreich ausgestorben ist. Zwar ist sie ein freilebendes Tier, jedoch kein Wild. In den neun Landesjagdgesetzen wird exakt geregelt, welche Tiere als Wild gelten und damit der Verantwortung der Jägerschaft unterliegen. Und diese Verantwortung beinhaltet die gesetzliche Pflicht, für den artgerechten Erhalt der Wildtierart Sorge zu tragen.
Wenn die Jägerschaft deshalb den Lebensraum aufbessert, indem sie Feuchtbiotope schafft und Hecken pflanzt, dann hilft sie damit natürlich allen dort lebenden Tieren – ob Wild oder nicht. So profitieren etwa Singvögel, die sich ein Habitat, also den Lebensraum inklusive Äsung, mit dem Niederwild teilen.
Der Erhalt einer Wildtierart beinhaltet allerdings auch den jagdlichen Nutzen dieser: Jägerinnen und Jäger greifen ganz bewusst in den Bestand ein. Sie schaffen so einen Ausgleich innerhalb der Arten und stellen sicher, dass die Population die ökonomische Tragfähigkeit des Biotops – also dessen, was innerhalb einer Koexistenz zwischen Tier und Mensch möglich ist – nicht übersteigt. Was wo und wann entnommen werden kann und muss, wird streng gesetzlich geregelt und durch die Behörden überwacht. Das höchste Ziel ist stets der Schutz der Wildarten.
Die Jagd ist also ein komplexes Thema, das nicht ohne Paradoxe auskommt:
- Schutz durch Nutzen,
- Hege mit der Büchse,
- Entnahme für Erhalt.
Doch eines ist ganz sicher: Ohne gezieltes Wildtiermanagement wäre das Auerhuhn in Österreich wohl ebenso sang und klanglos ausgestorben wie die gewöhnliche Nasenschrecke.
Abbildung rechts: Fasanschütte
Autorin: Johanna Egger, BA
Johanna Egger arbeitet seit 2020 als PR-Kommunikatorin für jagdliche Themen: zunächst für die Kärntner Jägerschaft, seit 2023 für Jagd Österreich.
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Bildquellen für diesen Beitrag: © Johanna Egger | © Pixabay
Autorin für diesen Beitrag: J. Egger / Jagdfakten.at
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