Die Erzählung einer Jagd
Rund 132 000 Jägerinnen und Jäger zählt Österreich. Davon üben etwa 500 die Jagd beruflich aus, die restlichen 131 500 in ihrer Freizeit. Das ist notwendig, um Wald und Wild zu managen. Aber was treibt Jägerinnen und Jäger am Feierabend in den Wald und auf den Hochstand?
Von Natur begeistert – worin liegt die Faszination Jagd?
VON NATUR
BEGEISTERT
Lukas ist Anfang Zwanzig, hochgewachsen, mit sehnigen Armen und einem Grinsen, das trifft. Grün steht ihm, der Jagdhut sitzt und die Blaser R8 trägt er scheulos, ganz selbstverständlich. Lukas ist Mitglied der Gemeindejagd, wie sein Vater, sein Großvater und die Brüder seines Vaters, und zwar dort, wo auch die Landwirtschaft der Familie angesiedelt ist. Er hat den Jagdtrieb vererbt bekommen, könnte man sagen. Oder?
„Ja, sicher hab‘ ich das von klein auf mitbekommen,“ kärntnert er, während er den Geländewagen die Forststraße nach oben lenkt. „Aber nur aus familiärer Verbundenheit geh‘ ich da sicher nicht raus,“ ergänzt er und man glaubt es ihm.
Es ist ein Nachmittag im August, die Luft ist warm und irgendwie alt, der Wind bringt keine neue. Es sieht nach Regen aus. Als die Schotterstraße flacher wird, parkt er das Auto in einem schrägen Winkel an die Seite, steigt aus und schultert Rucksack und Büchse. Dann geht es zu Fuß weiter, zuerst durch einen lichten Wald, dann über einen Stacheldrahtzaun, dann über eine große, steile Wiese, „Leitn“ wie die Kärntner sagen, durch hüfthohes Gras. An ihrem gegenüberliegenden Ende, an einer Baumgruppe hoher Fichten, ist der Hochsitz angebracht. Dort steigt Lukas langsam auf, ohne den Blick von den Bewegungen um sich zu nehmen.
Warum also? Lukas schaut sich um. „Weil ich meine Ruhe hab‘,“ sagt er, „und weil ich dann sehe, wie sich die Natur Monat für Monat verändert. Das siehst du daheim nie. Und wie sich das Wild einstellt. Wandern. Äsen. Mit dem Wetter umgehen. Dann fühlt man sich mehr wie ein Teil der Natur, irgendwie.“
Die „grüne Matura“
Tausende treten in Österreich jährlich ihre Jagdprüfung, die „grüne Matura“, an. Die Prüfungen sind in den Bundesländern unterschiedlich, gleichen sich jedoch in einem enormen Anforderungspotential an das theoretische Wissen der Prüflinge rund um Wildtierökologie, Jagd-, Waffen-, Tier- und Naturschutzgesetze, Forst- und Landwirtschaft, Jagdbetrieb, Hundewesen und Wildbret-Hygiene, sowie an die Prüfung am Schießstand.
Verantwortung in der Jagd übernehmen
Es braucht einiges, um Jägerin oder Jäger zu werden und mehr, um es schließlich auch tatsächlich zu sein. Denn die Übernahme der Verantwortung kommt erst danach. Verantwortung in der Jagd übernehmen, heißt auch, Tiere zu erlegen. Wieviel, wovon erlegt werden muss, verordnet die jeweilige Landesregierung. Dennoch, abdrücken müssen Weidmänner und Weidfrauen. Tun sie das gerne?
Lukas schaut auf die regennasse Wiese, rümpft die Nase. „Ich hab‘ eine Freude, wenn ich von der Natur was nehmen kann. Auch dadurch ist man ein Teil davon,“ sagt er. Dann, plötzlich, springt ein Reh aus der Fichtengruppe oberhalb der Wiese. Zuerst ist es zu schnell, um angesprochen – also auf Alter und Geschlecht bestimmt – zu werden. Dann verhofft es kurz, bevor es über den Stacheldrahtzaun, etwa hundertfünfzig Meter entfernt, springt. Ein Jahrlingsbock, gerade einmal zwei verhornte Knöpfe zwischen den Lauschern, also den Ohren.
Es geht schnell. Lukas zielt, spannt, gibt einen Schuss ab. Der junge Bock liegt im Feuer, das heißt, er verendet an Ort und Stelle. Minuten später streift Lukas voraus durch das Gras zum Anschuss. Der Bock ist tot und warm. Er bricht ihn mit geübter Hand auf. Dann bringt er ihn zum Wiesenrand, wo er einen Fichtenast abbricht und dem Bock ins Maul, den Äser steckt. Auch sich selbst steckt er einen an den Hut und sagt Dinge wie „Weidmannsheil, heiliger Hubertus.“
Es ist eine Ehre,
die Jagd erleben zu dürfen
Es sei wichtig, mit jedem Tier dieselbe Freude zu haben, sagt er am Weg zurück. Er freue sich, wenn er eine Trophäe zum Aufhängen habe, ebenso wie über das Wildfleisch für die Kühltruhe. Alles, was er aus dem Wald mit heimbringe, mache Freude. „Wenn man immer daran denkt, dass es eine Ehre ist, die Jagd erleben zu dürfen, dann ist man auf einen guten Weg,“ sagt er. Denn: „Man kann nur jedem wünschen, dass er kein Neider wird.“
Den s.g. Beutebruch steckt sich der erfolgreiche Jäger mit der Nadelseite nach Aussen an die rechte Hutseite –
er ist ein Zeichen der Dankbarkeit und Ehre.
UNSERE
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Bildquellen für diesen Beitrag: © Jagdfakten.at
Autor für diesen Beitrag: J. Egger / Jagdfakten.at
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