Der Verein „Artemis Charity“ kürte Carina Frank zur Artemis – Jägerin des Jahres 2017.
Jagdfakten bat die diesjährige Gewinnerin zum Interview.
Jagdfakten: Als Artemis 2017 wartet viel Öffentlichkeitsarbeit auf Sie in Form von Interviews, Presseanfragen und Veranstaltungsbesuchen – ist das alles für Sie sehr neu und ungewohnt, wie bereiten Sie sich darauf vor?
Carina Frank, Jägerin des Jahres 2017: Der Ablauf dieser Angelegenheiten war mir bereits vor meiner Aufgabe als Artemis – Jägerin des Jahres 2017 bekannt, da ich schon seit geraumer Zeit dem Vorstand des Österreichischen Falknerbundes angehöre. In dieser Funktion hatte ich bereits mit Presseaussendungen und Interview-Anfragen zu tun. Natürlich fallen die Aktivitäten als Artemis – Jägerin des Jahres in eine ganz andere Größenordnung, vieles überschneidet sich allerdings. Ein gewisses Maß an Flexibilität ist selbstverständlich Voraussetzung. Eine wirkliche Vorbereitung findet allerdings kaum statt, viele Gedanken kommen mir tatsächlich bei meinen Autofahrten. Da kommt es schon mal vor, dass ich manche Gedanken schnell auf einem Diktiergerät festhalte, die ich vielleicht irgendwann einmal ansprechen könnte. Das ist im Grunde der Hauptteil an Vorbereitung.
Jagdfakten: Können Sie uns ein wenig über sich selbst verraten – welchen Beruf üben Sie aus, wie und wo sind Sie aufgewachsen?
Frank: Derzeit arbeite ich in Wien bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, daher habe ich auch einen Zweitwohnsitz in Wien. Hier versuche ich buchstäblich viele Eindrücke aufzusaugen. Wenn man mit offenen Augen durch Wien geht, sieht man, wie sehr der Wunsch nach Natur und Ursprung in den Menschen erwacht. Selbstverständlich zieht es mich mehrmals die Woche in heimische Gefilde. Ich bin in Niederfladnitz (Stadtgemeinde Hardegg, NÖ) aufgewachsen und habe dies sehr genossen. Die Verstädterung in den Köpfen der Menschen ist aber mittlerweile auch am Land ein großes Thema. Neben der Jagd übe ich auch noch die Beizjagd mit einem Steinadler-Terzel aus, weiters bin ich seit 2015 in einer Parforce-Horn-Gruppe. Ich schätze die Jagdmusik sehr.
Jagdfakten: Sie kommen aus keiner jagdlichen Familie, was hat Ihre Leidenschaft für die Jagd geweckt?
Frank: Ich bin auf dem landwirtschaftlichen Betrieb meiner Familie aufgewachsen. Landwirtschaft und Jagd gehören eng zusammen und die Zusammenhänge haben mich schon immer fasziniert. Goethe hat schon gesagt: „Willst du dich am Ganzen erquicken, so musst du das Ganze im Kleinsten erblicken.“ Die Jagd ist ein kleiner Teil unseres Ökosystems, aber ein wesentlicher. Als Jäger gehört man auch zu den ersten, die erkennen, dass die Artenvielfalt durch verschiedenste Faktoren bedroht ist.
Ich habe durch die Jagdprüfung einen Blickwinkel erhalten, den ich nicht mehr missen möchte. Besuchte ich vor einigen Jahren zum Beispiel eine landwirtschaftliche Fachmesse, so sah ich dort nur den technischen Fortschritt und die Vereinfachung von Arbeitsschritten. Heute sehe ich bei diesen Veranstaltungen mit der steten Vergrößerung der Maschinen gleichzeitig den Untergang von kleinen Agrar-Flächen, früher „Spitz-Ackerl“ genannt, und den damit verbundenen Lebensraumverlust für Wildtiere. Mittlerweile schlägt mein Herz mehr für die Jagd als für die Landwirtschaft, den Blick für das „große Ganze“ möchte ich dennoch wahren.
Jagdfakten: Sie sind auch Vizepräsidentin des Österreichischen Falknerbundes, welche Erfahrungen können Sie da in Ihre Funktion als Jägerin des Jahres einbringen?
Frank: In der Kommunikation mit jagdfremden Personen bin ich schon etwas erprobt und gehe mit einer gewissen Besonnenheit vor, wenn es einmal zu Diskussionen kommt. Aufgrund meiner Funktion beim Falknerbund durfte ich schon in den Anfängen meine Mentoren zu vielen Symposien und Weiterbildungsveranstaltungen begleiten. Natürlich heben theoretische Vorträge nicht die Notwendigkeit von jagdlicher Praxis auf. Ich besuche diese Veranstaltungen aber sehr gerne, denn sie ermöglichen uns Jägern in zukünftigen Debatten fundierte wissenschaftliche Fakten „pro Jagd“ zu liefern und keine Schauermärchen. Weiters stehe ich auch mit vielen Falknerkollegen aus ganz Europa in Kontakt und es kommt natürlich zum Gedankenaustausch über die Jagd, über das örtliche Ökosystem und über die jeweilige Niederwild-Situation. Das ist vielleicht ein weiteres Plus, das ich in die Funktion als Jägerin des Jahres einfließen lassen kann.
Jagdfakten: Ihre Vorgängerin durfte im Parlament in Wien ein Plädoyer für die Jagd halten, wie werden Sie die Politik für die Anliegen der Jägerschaft sensibilisieren?
Frank: Das war natürlich eine große Chance für das Projekt Artemis, für Doris Moser als Jägerin des Jahres 2016 und letztlich für die gesamte Jägerschaft bei der Klub-Enquete der ÖVP die Jagd zu thematisieren. Ob es eine Klub-Enquete in dieser Form wieder geben wird, weiß ich leider nicht. Eine klubübergreifende Enquete wäre natürlich eine großartige Sache, hier ist aber eine Absegnung erforderlich, soviel ich weiß. Vielleicht finden sich ja ausreichend Befürworter aus den einzelnen Parteien.
Man bedenke, dass es in Österreich rund 120.000 Jägerinnen und Jäger gibt, die fachkundig und mit viel Gefühl für ökologische Abläufe ihrer Passion nachgehen. Ich weigere mich grundsätzlich, die Jagd nur als Hobby zu bezeichnen. Ziehen wir im konkreten Beispiel aber einen Vergleich und deklarieren wir die Jagd ausnahmsweise als Hobby bzw. als Freizeitbeschäftigung. Dann müssten sich viele Politiker eingestehen, dass es wohl keine zweite Personengruppe gibt, die für die Ausübung ihrer Freizeitbeschäftigung derart hohe Auflagen erfüllen und vorgeschriebene Ausbildungen absolvieren muss.
Das heißt, wir haben da draußen 120.000 Fachkräfte, die ihre Freizeit in den Dienst unseres Ökosystems stellen und die noch dazu jederzeit zur Verantwortung gezogen werden können, da sie – im Gegensatz zu anderen – nicht anonym in der Landschaft unterwegs sind. Diese ausgebildeten Fachkräfte sollten auch von jenen Parteien Wertschätzung erfahren, die vielleicht mit der Jagd weniger in Verbindung gebracht werden.
Jagdfakten: Aufgabe der Jägerin des Jahres ist es, Brücken zu schlagen zwischen Jägern und Jagdgegnern im deutschsprachigen Raum. Wo werden Sie hier Schwerpunkte setzen?
Frank: Ich weiß nicht, ob man explizit zu Jagdgegnern Brücken schlagen kann. Bei dieser Personengruppe kann man vielleicht „nur“ an mehr Toleranz appellieren, mehr Verständnis werden wir wohl kaum erlangen. Ich sehe mehrere Kernaufgaben in meiner Tätigkeit als Jägerin des Jahres 2017. Der jagdfremden, aber neutral eingestellten Bevölkerung möchte ich zeigen, dass Jägerinnen und Jäger – wie bereits erwähnt – ausgebildete Fachkräfte sind. Als solche haben sie natürlich auch Freude am Weidwerk, erfüllen aber auch ihre Pflicht und liefern dabei hochwertiges Wildbret. Und zwar von Tieren, die in ihrem natürlichen Lebensraum nachhaltig erlegt wurden und gesundes Fleisch abgeben.
Auch an die österreichische Jägerschaft möchte ich eine Botschaft richten und vermitteln, wie wichtig die Kommunikation nach außen ist. Wir müssen vermehrt in der Bevölkerung auftreten und stets präsent sein bzw. unsere Aufgaben, unser Handeln und Tun so aufbereiten, dass die jagdfremde Bevölkerung ein Verständnis entwickeln kann, wie wichtig die Jagd ist.
Jagdfakten: Als attraktive und engagierte junge Frau sind Sie auch Aushängeschild der Grünröcke, glauben Sie, hat in dieser Rolle eine Frau eher Vorteile oder doch noch mit vielen Vorurteilen zu kämpfen?
Frank: Natürlich gibt es ab und an noch Vorurteile, ich persönlich stoße aber auf sehr wenig Gegenwind aus den eigenen Reihen. Mir ist indessen aufgefallen, dass viele überzeugte Jagdgegner gegenüber Jägerinnen eher geschmacklose Anmerkungen liefern, als gegenüber Jägern. Unsere männlichen Kollegen ernten durchaus auch Kritik, doch bleibt ein gewisses Niveau erhalten.
Gegenüber der neutralen nichtjagenden Bevölkerung stößt man als Jägerin hingegen auf positive Verwunderung und oftmals Neugier, wenn man sich als Frau „pro Jagd“ ausspricht. Bei dieser Personengruppe haben Jägerinnen durchaus gute Chancen, Gehör zu finden und Interesse zu wecken. Das ist meiner Meinung nach auch jene Zielgruppe, in die wir Zeit und Arbeit stecken sollten.
Jagdfakten: Jagen Ihrer Ansicht nach Frauen anders als Männer? Sehen Sie dabei Unterschiede in der Motivation, der Leidenschaft für die Jagd oder der Ausübung?
Frank: Diese Frage wir mir oft gestellt und ich bin wirklich froh darüber, denn ich kann nicht oft genug sagen, dass ich keine Unterschiede sehe. Wir jagen seit mehr als 1,5 Millionen Jahren. Zumindest gehen wir davon aus, dass der Homo Erectus einer der ersten war, der das Feuer nutzte und jagte. Ich denke, es ist gar nicht notwendig, sich darüber Gedanken zu machen, ob damals nur Männer jagten, ob Frauen heute anders jagen als Männer. Der Mensch jagt. Egal ob Frau oder Mann, in uns steckt der Geist der Jagd – letztlich jagt der Mensch. Ja, jagen ist menschlich!
Artemis Charity
Mit dem gemeinnützigen Verein „Artemis Charity“ wurde vor zwei Jahren eine Plattform geschaffen, die sich der positiven Imagearbeit zur Jagd verschrieben hat. Die drei Säulen bestehend aus Jägerin des Jahres, der Artemis Award & Gala sowie die Artemis Charity sind ein starkes Bündel an vorbildlicher Öffentlichkeitsarbeit für die Jägerschaft im deutschsprachigen Raum. Heuer wurde Carina Frank als die erst zweite „Jägerin des Jahres“ zur Markenbotschafterin gekürt. Die Artemis Charity hat sich außerdem der Förderung und Unterstützung von finanziell geschwächten Familien und alleinerziehenden Müttern verschrieben.
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