Sie gehören leider zum Alltag in der Natur und im unwegsameren Gelände dazu: Situationen, die Hilfseinsätze notwendig machen. Situationen, in denen die Bergrettung gerufen wird und in denen ggf. der Hubschrauber zum Einsatz kommt.
Im Sommer durch Wanderer, die nicht mehr absteigen können und Hilfe brauchen oder auf Grund von Verletzungen durch Stürze. Im Winter durch Lawinen und Schneebretter oder ebenfalls auf Grund von Verletzungen. Was viele aber nicht wissen: Die Bergungskosten nach einem Freizeitunfall in den Bergen werden in den meisten Fällen nicht von der staatlichen Unfallversicherung abgedeckt und übernommen. Mit einer privaten Unfallversicherung kann man sich gegen hohe Bergungskosten, von bis zu mehreren tausend Euro, absichern.
jagdfakten.at hat das Thema mit dem Versicherungsexperten Klaus Jugl von der UNIQA Versicherung besprochen.
BERGUNGSKOSTEN
In unserem UNIQA Experteninterview lesen Sie:
- Was versteht man unter dem Begriff Bergekosten?
- Was zahlt die staatliche Sozialversicherung – und was nicht?
- Was deckt eine Zusatzversicherung ab?
- Wie teuer kann eine Hubschrauberbergung werden?
jagdfakten.at:
Herr Jugl, in den Medien ist immer wieder von hohen Bergungskosten zu lesen und zu hören: Doch was genau sind Bergungskosten, was ist unter dem Begriff zu verstehen?
Klaus Jugl:
Unter Bergungskosten versteht man die nachgewiesenen Kosten des Suchens nach einer Person und des Transports bis zur nächsten befahrbaren Straße oder gleich bis zum dem Unfallort nächstgelegenen Krankenhaus. Und dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine „konservative“ Bergung nach einen Schiunfall mit dem Skidoo oder dem Akia durch die örtliche Bergrettung handelt oder um eine Bergung mittels Hubschrauber. Der gesamte Aufwand wird nach einem fixen Schlüssel berechnet und in Rechnung gestellt.
jagdfakten.at:
Können Sie das näher beziffern? Was kann so eine Bergung mit dem Hubschrauber kosten?
Klaus Jugl:
Durchschnittlich kostet eine Flugminute rund 90 bis knapp unter 100 Euro, dann kommt noch eine Bereitschaftsgebühr und der Kostenersatz für das verwendete Material bzw. die Medikamente dazu. Durchschnittlich bewegen wir uns da schnell bei rund 7.000 Euro.
jagdfakten.at:
Kosten, die von wem übernommen werden (müssen)? Die meisten von uns sind doch eh sozialversichert.
Klaus Jugl:
Ja, aber: Die staatliche Unfallversicherung repräsentiert durch die AUVA, deckt die Kosten einer Bergung bzw. eines Transportes durch einen Hubschrauber z.B. bei Arbeits- und Schulunfällen ab und wenn die Einlieferung in ein Unfallkrankenhaus der AUVA erfolgt. In diesen Fällen trägt die Sozialversicherung dann in der Regel auch die vollen Kosten.
Erfolgt die Einlieferung in ein anderes Krankenhaus, übernehmen die anderen Sozialversicherungsträger auch die Kosten eines Rettungshubschraubereinsatzes, aber es obliegt ihrer Entscheidung. Hier wird die medizinische Notwendigkeit, also ob sich die Person in Lebensgefahr befunden hat, herangezogen. Das passiert anhand des so genannten „NACA-Score“, einer Bewertungssystematik um die Schwere von Verletzungen, Erkrankungen oder Vergiftungen in der (Notfall-)Medizin zu beschreiben.
Ab der Stufe „NACA-Score IV“ wäre die Notwendigkeit gegeben. Wenn der Transport mittels Hubschrauber aber als nicht notwendig eingestuft wird, (niedriger NACA-Score) oder nach einem Freizeitunfall in den Bergen notwendig wurde, gibt es in den meisten Fällen auch keine Übernahme der Kosten durch die Sozialversicherungen.
Eine pauschale Aussage, wann es zur Kostenübernahme kommt, kann man nicht grundsätzlich geben, da jeder Fall einzeln geprüft wird. Die Suche nach einem vermissten Wanderer wird aber nie übernommen.
jagdfakten.at:
Somit liegt die umgekehrte Frage auf der Hand: Sind Bergekosten in einer privaten Unfallversicherung automatisch abgedeckt?
Klaus Jugl:
Nein, die Bergekosten sind auch in einem privaten Unfallversicherungsvertrag extra mitzuversichern. Wer diese aber extra mitversichert, kann sich im Fall des Falles mehrere tausend Euro an Kosten ersparen, gerade wenn ein Hubschrauber ins Spiel kommt.
Eine private Zusatzversicherung war nicht immer notwendig, hier hat sich die staatliche Absicherung in den letzten Jahrzehnten verändert, weg von einer Rund-um-Versorgung hin zu einer Verlagerung des Risikos bei Sport- und Freizeitunfällen zu den privaten Versicherern – eigentlich analog der Regelung in der staatlichen Unfallversicherung. Es ist daher zu empfehlen, den eigenen privaten Versicherungsvertrag von Zeit zu Zeit überprüfen zu lassen, ob alle wesentlichen Punkte auch tatsächlich abgedeckt sind.
jagdfakten.at:
Können Sie kurz zusammenfassen, was durch die Mitversicherung von Bergekosten in der privaten Unfallversicherung abgedeckt ist und warum diese so wichtig ist?
Klaus Jugl:
Als Grundsatz gilt: Wir ersetzen Kosten, wenn der Versicherte verletzt oder unverletzt geborgen werden muss nach einem Unfall, bei Berg- oder Wassernot (auch ohne Unfallgeschehen) und auch im traurigen Extremfall, wenn ein Unfall tödlich ausgeht.
Bei Berg- oder Wassernot ist es für uns unerheblich, ob der Versicherte einen Unfall erlitten hat – hier zahlen wir beispielsweise natürlich auch den Einsatz eines Suchhelikopters sowie die Bergrettungsmannschaft, die nach einem Vermissten Wanderer sucht, weil sein Auto am Parkplatz seit einigen Tagen verwaist gestanden ist und dadurch die Aufmerksamkeit erregt hat.
Und auch bei einem Unfall bezahlen wir natürlich auch die Bergung und den Transport mit einem Rettungshubschrauber bis ins nächstgelegene Spital.
Bergungskosten
Wer übernimmt die Kosten für Jäger?
jagdfakten.at:
Gibt es auch Praxisbeispiele, in denen Jägerinnen oder Jäger gerettet werden mussten?
Klaus Jugl:
Ja. Die gibt es, denn auch die Jägerschaft ist sehr oft im unwegsamen Gelände im Wald unterwegs, daher kommt es auch hier zu dem einen oder anderen Einsatz. Manchmal sind es eher kleinere Unfälle, aber der Transport ins Tal kann trotzdem manchmal nur mit dem Hubschrauber erfolgen. Das heißt: Auch Freizeitjäger sollten sich privat versichern, bzw. bei ihrem Landesjagdverband nachfragen, welche Leistungen mit der Jagdkarte durch die Gruppenversicherung abgedeckt sind. Bei Berufsjägern handelt es sich um einen Arbeitsunfall, bei dem die Sozialversicherung greift.
jagdfakten.at:
Bisher haben wir nur von Freizeit- oder Sportunfällen gesprochen: Was ist, wenn nach einem Autounfall der Hubschrauber zum Einsatz kommt?
Klaus Jugl:
Wir hatten zum Beispiel eine Rechnung für einen Einsatz bei einem Absturz eines Geländewagens mit mehreren Insassen. Einer der Geborgenen hatte eine Gehirnerschütterung (NACA III), wo es keine Übernahme der Kosten durch die staatliche Sozialversicherung gegeben hat. Durch die private Versicherung wurden auch hier sämtliche Kosten übernommen.
jagdfakten.at:
Herr Jugl, herzlichen Dank für das Gespräch.
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Bildquellen für diesen Beitrag: Pixabay
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