Für den Nachwuchs sorgen: Landwirtschaft & Lebensraum - Jagdfakten.at informiert

Landwirtschaft, die für Nachwuchs sorgt

Auf Gut Hardegg schließen Landwirtschaft und Lebensraum für Wildtiere einander nicht aus – im Gegenteil: Sie bilden eine zukunftsweisende Einheit, auch dank Windschutzstreifen, Insektenwällen und anderer Maßnahmen. Was genau dahintersteckt – und warum es in Sachen Biodiversität Grund zur Hoffnung gibt.

Landwirtschaft,
die für Nachwuchs sorgt

Für das Auge des Jägers sind sie das Schönste, für das Auge des Landwirts hingegen eher eine Gefahr: Die Rede ist von Wildtieren. Was für Erstere für Herzklopfen sorgt, das ruft bei vielen Landwirten oft Angst vor Wildschäden hervor. Die Sache ist nur die: Wildlebende Tiere und Landwirtschaft können durchaus eine zukunftsweisende Einheit bilden. Das wird hierzulande an wenigen Orten deutlicher als am Gut Hardegg.

Auf 2.200 Hektar Eigengrund wird hier, im nördlichsten Teil des Weinviertels, seit Generationen Landwirtschaft als Kreislauf eines hochwertigen Ökosystems verstanden. „Weil es uns immer schon um mehr gegangen ist als um einen möglichst hohen Ertrag“, sagt Maximilian Hardegg, der den Familienbetrieb mit genauso viel Sachverstand wie Idealismus führt. „Es geht um Artenvielfalt und darum, einen hochwertigen Lebensraum zu schaffen – für Wildtiere genauso wie etwa für Feld- und Singvögel. Uns war immer schon klar: Ohne die Jagd ist das nicht möglich. Wir brauchen das Auge des Jägers.“

Was meint Maximilian Hardegg damit genau?
Wie sieht sie aus, eine Landwirtschaft, die wildlebende Tiere nicht als Bedrohung wahrnimmt, sondern als Bereicherung versteht?

Masse für Niederwild und Insekten

Biotope, Wassergräben, Wildbrücken, Hecken, Blüh- und Windschutzstreifen, …

… wenn es darum geht, das Potenzial eines landwirtschaftlichen Lebensraums voll und ganz auszuschöpfen, gibt es auf Gut Hardegg eigentlich nichts, was es nicht gibt. Doch es gibt einige Maßnahmen, die Maximilian Hardegg in Zusammenhang mit Wildtieren besonders hervorhebt. Da wären beispielsweise die sogenannten Insektenwälle.

„Auf größeren Feldern wird da ein rund 50 Zentimeter hoher Erdwall aufgepflügt, der zwischen drei und vier Meter breit ist“, erklärt der studierte Agrarwissenschafter.

„Daneben legen wir dann noch einen Wildacker an, wo das Wild Nahrung und Deckung findet und schaffen damit nicht nur eine unglaubliche Insektendichte, sondern einen wertvollen Lebensraum für Niederwild, das aufgrund von zu wenig Deckungsmöglichkeiten auf Ackerböden ja immer seltener wird. Für Hase, Fasan und Rebhuhn beispielsweise können wir hier viel Positives tun.“

Es braucht mehr Rückzugsräume

Eine weitere Maßnahme, die auf Gut Hardegg forciert wird, betrifft die Flussraumpflege.

„Die Flussläufe sind ja eigentlich die Perlen unserer Landschaft. Das Wild, darunter auch das Niederwild, suchen sie oft auf, Vögel ziehen dort entlang – und ausgerechnet diese Perlen werden viel zu oft wie nasse Fetzen behandelt“, sagt Hardegg. Bedeutet: „Alles rund um einen Fluss wird ausgeschlägert und ausgemäht. Das führt dazu, dass Tiere dort keinen Rückzugsort, keinen Lebensraum mehr haben. Wie soll sich da beispielsweise ein Wildfasan vermehren?“

Hardegg macht klar: Eine Landschaft und Landwirtschaft, die Wildtiere im Sinne der Biodiversität miteinbezieht, setzt auf Rückzugsräume. Dazu gehören etwa auch sogenannte Windschutzstreifen auf den Feldern, also Baumreihen, die in Kombination mit Wassergräben und Wildackern nicht nur Felder vor dem Austrocknen bewahren, sondern auch Wild und Vögel wertvolle Rückzugsräume ermöglichen. Doch im Gut Hardegg geht es auch ums Hinterfragen. Vor allem in Bezug auf etablierte landwirtschaftliche Tätigkeiten – wie etwa das Mulchen. Das verdeutlich Maximilian Hardegg anhand der sogenannten „Schicksalstage“.

Wild braucht Wildwuchs

Mit „Schicksalstage“ bezeichnet Hardegg – bezugnehmend auf den Wildbiologen Dr. Daniel Hoffmann – die Brutzeit vieler Tiere von Anfang April bis Ende Juli. „Genau dann wird in der Landwirtschaft oft gemulcht, also das organische Material an der Bodenoberfläche zerkleinert, nur: Das bedeutet den sicheren Tod für alles, was dort lebt: Bodenbrüter, Rebhuhn, Fasan, Insekten, Feldvögel – dabei müsste das gar nicht sein“, so Hardegg. „Neben Gesetzesvorgaben der EU spielt hier auch das Naturverständnis vieler Landwirte eine Rolle: Alles muss aufgeräumt und sauber sein, wie in einer Garage. Dabei braucht es für Biodiversität ganz klar auch Wildwuchs!“

Maximilians Hardeggs Argumente finden jedoch immer mehr Gehör. Denn laut dem neuen Österreichischen Programm zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft (kurz: ÖPUL) gibt es einen Hoffnungsschimmer: „Es muss nicht mehr jährlich gemulcht werden, sondern nur noch alle zwei Jahre“, erklärt Hardegg. „Und von den zu mulchenden Flächen dürfen nur 50 % vor dem 1. August gemulcht werden.“ Ein Einsatz, der unterstreicht, wie sinnvoll besagte Einheit zwischen Landwirtschaft und Wildtieren ist. Und dass sie Mensch, Tier und Natur mit weit mehr bereichert als mit hohen Erträgen.

Foto: Dipl. Ing. Maximilian Hardegg
Dipl. Ing. Maximilian Hardegg mit Quincy (by) - Gut Hardegg: Jagdfakten.at informiert

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Bildquellen für diesen Beitrag: © Gut Hardegg
Autor für diesen Beitrag: L. Palm / Jagdfakten.at

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