REHWILD
ein kurzer Steckbrief
Name:
Reh oder Rehwild (Capreolus capreolus)
männlich: Rehbock, weiblich: Rehgeiß
Name des heranwachsenden Männchens:
Bockkitz (im 1. Lebensjahr),
Jährling oder Knopfbock (im 2. Lebensjahr)
Name des heranwachsenden Weibchens:
Geißkitz (im 1. Lebensjahr),
Schmalgeiß oder Schmalreh (im 2. Lebensjahr)
Tierfamilie:
Haarwild, Schalenwild, Wiederkäuer, Hirschartige
Größe:
Kopf-Rumpf-Länge 100 -140 cm, max. Schulterhöhe 85 cm
Gewicht: 20 – 30 Kg
Brunftzeit: Mitte Juli bis Mitte August
Trächtigkeitsdauer: 40 Wochen inkl. Eiruhe
(in der Eiruhe pausiert die Entwicklung der befruchteten Eizelle)
Setzzeit (Wurfzeit): Mai, Juni
Junge: 1 bis max. 3 Kitze
Aktivitätszeit & Lebensraum
Rehwild ist hauptsächlich tagaktiv.
Rehwild besitzt eine große ökologische Anpassungsfähigkeit und kommt praktisch in allen Lebensräumen – von den Donau-Auen bis in die Hohen Tauern – vor. Es kann durchaus als Kulturfolger bezeichnet werden, der sich der vom Menschen stark geprägten Landschaft gut angepasst hat. Das Reh bevorzugt zumeist Waldrandzonen. Aber auch in gering bewaldeten Bezirken sind größere Populationen zu finden. In diesem Fall spricht man auch von Feldrehen. Die höchsten Dichten erreicht das Rehwild aber im reich strukturierten, abwechslungsreichen Hügelland mit vielen Randlinien zwischen Wald und landwirtschaftlichen Kulturflächen.
Lebensweise
Wie lebt das Reh?
Rehwild ist im Bezug auf seinen Lebensraum sehr anpassungsfähig. Das bewirkt auch eine Veränderung des Verhaltens: man unterscheidet heute gerne grob zwischen Waldreh und Feldreh.
DAS WALDREH
lebt als Einzelgänger oder in kleinen Gruppen.
DAS FELDREH
hingegen versammeln sich über den Winter zu Gruppen von zehn bis 100 Stück.
Die tatsächliche Größe der Gruppe hängt von der möglichen Deckung ab, oder anders gesagt: je weniger Deckung, desto größer die Gruppe. Im Frühjahr lösen sich die „Sprünge“ (so nennt der Jäger eine Gruppe von Rehen) auf.
Von Ende März bis Mitte August verteidigen und markieren die Böcke ihre Territorien. Zwischen der Setzzeit im Mai und der Brunftzeit von Mitte Juli bis Mitte August leben die Geißen mit ihren Jungtieren meist einzelgängerisch.
Es wird geschätzt, dass Rehe ein Höchstalter von etwa 17 Jahren erreichen können.
Aussehen & Merkmale
Das Reh ist in Europa der kleinste Vertreter der Hirschartigen. Es hat einen hinten leicht überhöhten Körperbau. Rehe erreichen eine Schulterhöhe von bis zu 85 Zentimeter und eine Körperlänge von rund einem Meter.
Die Färbung des Fells, „Decke“ wie der Jäger sagt, ist bei Rehen im Sommer von Geschlecht und Alter abhängig. Im Sommer variieren die Farben zwischen Rotbraun und Fahlgelb.
Die Innenseite der Beine und der Unterbauch haben eine hellere, geblichere Färbung. Besonders auffallend ist der „Spiegel“ (helles Haarteil am Hinterteil), der sich im Winter deutlich weiß vom restlichen Fell abhebt. Rehböcke haben außerdem am Kinn einen weißen Fleck.
Die Region rund um die Nase der Rehe ist schwarz. Ausgehend von der Nase bis zur Stirn hoch haben alle Rehe einen Fleck, der farblich von weiß-grau bis grau-schwarz variieren kann. Die Farbe des Winterfells schwankt zwischen Hell- und Dunkelgrau.
Rehe haben einen schlanken Körperbau mit langen Beinen und relativ kleinen Hufen. Der Hals, vom Jäger auch „Träger“ genannt, ist lang und schlank. Der Kopf wird vom Jäger „Haupt“ genannt und ist schmal und kurz.
Beim Rehwild trägt nur das Männchen, der Rehbock ein Geweih. Dieses wirft er zwischen Oktober und Dezember ab, wobei alte Böcke früher und junge Böcke später abwerfen. Das neue Rehgeweih wächst dann in der nahrungsknappen, klimatisch harten Winterzeit. Form und Größe des Geweihs können nahrungs- und gesundheitsbedingt von Jahr zu Jahr deutlich schwanken.
Der Rehbock bildet jedes Jahr ein neues Geweih aus.
Das Geweih besteht aus zwei rundlichen Stangen, die abhängig von der Region bis zu 20 Zentimeter lang werden. Diese Stangen haben bei älteren Böcken in der Regel drei Stangenenden. Bei ganz alten Böcken nimmt die Größe des Geweihs wieder ab, der Jäger spricht hierbei von „Zurücksetzen“.
Rehböcke nutzen das Geweih zum Austragen von Rangordnungskämpfen.
Die Abbildung zeigt einen jungen Rehbock im Sommer: sein Geweih ist noch nicht ganz ausgeprägt.
Das Gewicht des Rehwilds schwankt in Abhängigkeit von Lebensraum (Äsungsangebot/Zufütterung) und Wilddichte (Konkurrenz/Stress).
Erwachsene Tiere erreichen ein Lebendgewicht von 20 bis 30 Kilogramm. Geißen sind leichter und kommen selten über 20 Kilo. Kitze erreichen bereits im ersten Lebensjahr bis zum Winterbeginn im Dezember ein Gewicht von zehn bis 12 Kilogramm.
Neben dem bei uns beheimateten europäischen Reh gibt es auch das sibirische Reh:
Es wird deutlich größer und erreicht ein Gewicht von bis zu 50 Kilogramm.
Ernährung
Wann und was frisst das Reh?
Die Nahrungsaufnahme erfolgt vorwiegend in den frühen Morgen-, Vormittags- und Abendstunden.
Rehe bevorzugen eine vielseitige Äsung (natürliche Nahrung) und selektieren viel mehr als zum Beispiel das Rotwild. Zur Nahrung des Rehwildes gehören Kräuter, Gräser, junge Baumtriebe, Knospen, Früchte und Pilze, wobei auch für den Menschen giftige Pflanzen, wie Eibe, Liguster und Eisenhut aufgenommen werden.
Im Frühjahr und Sommer werden Triebe fast aller Laubhölzer geäst, dazu kommen noch grünes Getreide oder Raps. Die Auswahl der Nahrungsaufnahme kann von Gebiet zu Gebiet variieren. Es kann sogar sein, dass eine bestimmte Pflanzenart an einem Ort bevorzugt geäst und an einem anderen Ort gemieden wird. Kitze fressen nicht wahllos alle Pflanzen, sondern nur jene, die sie von der Geiß kennen lernen.
Während der Wintermonate zählen u.a. Knospen, Brombeerblätter oder Wintersaaten zur Äsung.
Fortpflanzung
und Entwicklung
Rehe werden mit ca. 14 Monaten geschlechtsreif. Die Schwangerschaft verläuft anders als bei den meisten Säugetieren. Der Grund dafür ist die sogenannte Eiruhe: In der Brunft wird das Ei befruchtet, wächst aber nur bis zum so genannten Bläschenstadium. Zwischen August und Ende Dezember wächst der Keim sehr langsam und vergrößert sich kaum. Erst danach beginnt der Keim erneut zu wachsen, nistet sich in der Gebärmutter ein und entwickelt sich normal zum Jungtier.
Diese Unterbrechung der Schwangerschaft, bzw. der embryonalen Entwicklung nennt man die Eiruhe. Die verlängerte Tragezeit bzw. verspätete Einnistung des Eies bringt den Vorteil, dass die energiezehrende Brunft während der nahrungsreichen Zeit stattfindet. Bei einer normalen Tragezeit würde entweder die Brunft oder die Geburt in die nahrungsarme Zeit fallen.
Die gesamte Tragezeit dauert somit etwa 40 Wochen und damit länger als bei allen anderen – größeren – europäischen Schalenwildarten. Meist werden im Zeitraum von Mitte Mai bis Mitte Juni Zwillinge geboren. Gelegentlich auch nur ein Kitz oder Drillinge, selten auch vier.
Rehkitze verbringen die ersten Lebenswochen meist allein auf ihrem Liegeplatz, also von ihrer Mutter getrennt. In dieser Zeit sind noch keine ausgebildeten Hautdrüsen vorhanden, wodurch die Kitze noch keinen typischen Rehduft absondern. Das ist wichtig, damit sie von jagenden Raubtieren nicht gewittert werden können. Nicht selten legen die Rehgeißen ihre Jungen deshalb auch im hohen Gras ab, da sie dort auch nicht gesehen werden können.
Leider kommt es jedoch bei der Mahd – dem Mähen des hohen Grases – immer wieder zum sogenannten Mähtod von mehreren tausend Wildtieren pro Jahr. Drohnen mit Wärmebildkameras sind hier eine neue und wirksame Methode, um diese Zahl deutlich zu reduzieren.
Kitze werden etwa drei Monate gesäugt, nehmen aber zusätzlich auch schon in den ersten Wochen feste Nahrung zu sich. Wichtig für die Jungen ist die Führung durch die Geiß. Man spricht in der Jägersprache daher auch von einer „führenden Geiß“, dem Mutterreh mit ihren Jungen. Beobachtungen zeigen: Auch bereits von der Milch entwöhnte Kitze entwickeln sich ohne Mutter schlechter als solche, die bis ins nächste Frühjahr geführt werden.
Wo kann Rehwild beobachtet werden?
Rehe kann man besonders gut während der Nahrungsaufnahme auf Wiesen in Waldnähe beobachten. Wenn Rehe bedrängt werden bzw. durch Geräusche oder Geruch beunruhigt werden, flüchten sie unmittelbar und geben dabei Warnlaute von sich.
Abschließend wollen wir hier auch noch einen Mythos aufklären:
Das gezeichnete Bambi im gleichnamigen Zeichentrickfilm von Walt Disney ist kein Reh, sondern ein Hirsch, genauer: ein Weißwedelhirsch.
Und das obwohl Bambi in der Buchvorlage des Österreichers Felix Salten, ein Rehkitz ist. Wie es dennoch zu der Verwechslung kam und warum Bambi in der deutschensprachigen Filmfassung dann doch wieder ein Rehkitz wurde, erfahren Sie in unserem Beitrag „Mythos Bambi – Disneys Filmklassiker im Faktencheck“.
Diese Steckbriefe
könnten Sie auch interessieren:
BLEIBEN SIE INFORMIERT
Wir liefern aktuelle Jagdfakten per Mail.
Melden Sie sich für unseren Newsletter an und erhalten Sie Benachrichtigungen zu aktuellen Beiträgen direkt per Mail.
UNSERE
LESE-EMPFEHLUNG
Bildquellen für diesen Beitrag: Jagdfakten.at/L. Molter
DIESEN
BEITRAG TEILEN