Autorin: Dr. Elena Huber
Elena Huber ist leidenschaftliche Köchin, Seminarbäuerin und Unternehmerin. Sie möchte das Bewusstsein für saisonale und regionale Lebensmittel stärken und Wildbret als edles hochwertiges Produkt am Markt positionieren.
Zurzeit geht es heimischen Gastronomiebetrieben und Lebensmittelhändlern genauso wie sonst den jagdlichen Direktvermarktern, sie werden wenig beachtet oder einfach nur übersehen. Der Ansturm auf Supermarktfilialen und Onlineshops mit Sitz im Ausland ist stattdessen groß, was die Frage aufkommen lässt, ob hier zu wenig Aufklärungsarbeit in Bezug darauf geleistet wurde, was unsere heimische Wirtschaft leistet und wer tatsächlich unser Sozialsystem am Leben erhält? Wir haben es offenbar verlernt, mit eigenen Ressourcen auszukommen und sind es gewohnt jederzeit und überall alles zu günstigen Preisen zu bekommen, ohne darüber nachzudenken, wer und unter welchen Bedingungen diese Produkte und Konsumgüter produziert. Man kann die Tatsache rund um Hamsterkäufe sonst nicht anders erklären. Alles muss in Überschuss und zu jeder Zeit vorhanden sein, jeder Wunsch muss den nächsten Wunsch hervorrufen, die Schnelllebigkeit von Konsumgütern nimmt zu.
Was viele Mitmenschen nicht verstehen, diese Entwicklung schadet nicht nur den Produzenten und unserer Umwelt, sondern ihnen selbst. Egal, ob das gesundheitliche, wirtschaftliche oder soziale Folgen sind, sie betreffen uns alle. Bewusster Konsum beginnt beim Einkauf beim Fleischer oder Bäcker um die Ecke, anstatt an der Feinkosttheke beim Discounter. Das bringt viele Vorteile mit sich: man sichert damit nicht nur Arbeits- und Ausbildungsplätze für die Mitmenschen am Land, stärkt regionale Wirtschaft und bekommt für sein Geld ein hochwertiges Produkt, bei dem man weiß, woher es kommt und unter welchen Bedingungen es produziert worden ist. Mit der Entscheidung bewusst, regional und nachhaltig einzukaufen bestimmen wir unsere Zukunft und die der nachfolgenden Generationen.
Viele Feinkostläden, Bioläden oder Bauernläden haben nach wie vor offen und bieten zudem Lieferungen und Versand an. Gerade jetzt können sich viele Konsumenten da draußen davon überzeugen, welche Vielfalt an qualitativ hochwertigen Produkten in Österreich hergestellt wird. Die jetzige Situation gibt uns die Chance zu erkennen, dass wir heimische Lebensmittel endlich wertschätzen sollen.
Wussten Sie, dass
… die Österreicher im Durchschnitt 65 kg Fleisch pro Jahr essen – davon nur 0,7% Wildfleisch?
Die fehlende Entwicklung des Wild-Bewusstseins
Nehmen wir zum Beispiel das Wildbret. Wir haben im Weinviertel ein einzigartiges Produkt direkt vor der Haustür, es ist nachhaltig, gesund und sehr vielfältig in der Zubereitung. Nichtsdestotrotz wird das Wildfleisch nach meinen Beobachtungen, seitdem ich Unternehmerin und Seminarbäuerin bin und mich mit diesem Thema stärker befasse, ausgerechnet bei uns in der Region selten geschätzt und teilweise auf ein weniger wertvolles Produkt im Vergleich zum Schweinefleisch reduziert. Viele wissen nicht, wie man Wild zubereitet, auch wenn die meisten sogar Jäger in der Familie oder im Bekanntenkreis haben. Die Gründe dafür sind sehr unterschiedlich, möglicherweise ist eines davon, dass es fast immer und günstig verfügbar ist? Und alles, was nichts kostet, ist bekanntlich nichts wert, oder?
Mit heimischem Wildbret der Krise trotzen – was es dazu braucht:
Meiner Meinung nach brauchen jagdliche Direktvermarkter dringende Unterstützung der Medien und eine gute Öffentlichkeitsarbeit seitens der jagdnahen Organisationen, damit ein Umdenken in den Köpfen der Konsumenten stattfindet. Nach wie vor werden Wildbret und veredelte Wildprodukte im heimischen Handel und Gastronomie über das ganze Jahr hinaus schwach etabliert. Falsche Signale, wie Wildfleisch als rein saisonales Produkt darzustellen und Wild nicht öfters als nur im November oder im Mai auf der Speisekarte anzubieten, verwirren den Konsumenten, schränken ihn ein und geben ihm nicht einmal die Chance zu erkennen, dass Wild genauso wie andere Fleischsorten zubereitet und genossen werden kann.
Das finde ich äußerst schade, denn bei den Konsumenten kommen vor allem innovative Wildprodukte sehr gut an. Man muss sich nur trauen, diese anzubieten. Durch meine eigene Produktion von Pasteten und Fertiggerichten war ich zunächst selbst überrascht, wie gut meine Produkte nicht nur bei einzelnen Endkunden, sondern auch bei den erfahrenen Feinkosthändlern und Gastronomen ankommen. Rehgeschnetzeltes asiatisch, Wildschweinbraten im eigenen Saft oder Fleischbällchen in Tomatensauce, das sind nur ein paar Beispiele, was man aus heimischem Wild zaubern kann.
Warum wir Jäger & Wildbret mehr schätzen sollten
Warum also billiges Importfleisch beim nächsten Discounter beziehen, wenn man ein nachhaltiges regionales Produkt erwerben kann?
- Jährlich wird heimisches Wild tonnenweise ins Ausland exportiert.
- 2018 waren es rund 2.400 Tonnen Fleisch.
Von der Wertschöpfung in der Region ist hier keine Rede mehr. Das Problem beginnt aus meiner Sicht bei den Preisen und nicht in den angeblich vielen Vorurteilen der Konsumenten dem Wild und der Jagd gegenüber. Wildbret an den Handel zu geben, bedeutet für den Jäger extrem niedrige Preise in Kauf zu nehmen. Weitere Problematik sehe ich in der schlecht funktionierenden Verbindung zwischen Jägern, Produzenten und Händlern, Gastronomen und letztendlich Endkunden. Verständlicherweise haben die Jäger und Produzenten nicht die Kapazitäten die Händler und Gastronomen in Wien zu beliefern geschweige denn die Zeit in den Vertrieb, PR und Marketing zu investieren. Dazu kommen strenge behördliche Auflagen und Vorschriften in Bezug auf Transport, Lagerung, Verkauf, die ein einzelner Jäger allein aus finanzieller Sicht nicht bewältigen kann. Als Folge haben jagdliche Direktvermarkter keine Möglichkeit, die geeigneten Absatzkanäle zu finden und das wird vom Wildbrethandel offenbar ausgenutzt.
Kein Wunder, warum Jäger nicht selten kein großes Interesse an der Direktvermarktung von Wildbret zeigen. Wieso auch? Sie werden für ihre Arbeit und Zeitaufwand zu wenig bezahlt, haben mit dem schlechten Image in den Medien zu kämpfen und sollten auch noch nebenbei Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit bei den Konsumenten leisten. Wenn man bedenkt, dass die Aufgaben eines Jägers zahlreiche Tätigkeiten umfassen, dass ein Jäger einige Verpflichtungen zu erfüllen hat, dass die Jagd nun mal mit finanziellem Aufwand verbunden ist und dass es letztendlich Zeit und Mühe kostet, ein Tier zu erlegen, ist es für mich unverständlich, warum wir als Konsumenten bereit sind, mehr Geld für das Fleisch seltener Tierrassen oder Biofleisch auszugeben, Wildbret dagegen wenig geschätzt wird. Und wenn dann darf es aus der Sicht der meisten Konsumenten am besten nichts kosten, schließlich hat ja das Tier im Freien gelebt und im Rahmen einer Freizeitaktivität erlegt wurde. Aufklärungsarbeit, Unterstützung bei der Vermarktung, Stärkung des Netzwerks in Bezug auf Angebote rund ums Wild und letztendlich klare Positionierung vom Wildfleisch als überaus hochwertiges, vielseitiges und edles Produkt durch eine gute Öffentlichkeitsarbeit sind somit dringend erforderlich.
Lernen mit Ressourcen wieder verantwortungsvoll umzugehen
Nein, edel bedeutet keineswegs teuer. Wer Wildbret direkt beim Jäger und nicht beim Discounter oder im Großhandel einkauft, zahlt faire Preise und in der Regel kostet das Wildfleisch sicher nicht mehr als Schweine- oder Rindfleisch in Bioqualität. Wenn man bedenkt, dass Wild nachhaltig und regional ist, in natürlicher Umwelt und stressfrei lebt, kein Kraftfutter benötigt und unzählige Kosten durch die Halterung und Transport und letztendlich die Frage nach der Umweltbelastung entfallen, ist die Diskussion, ob Wild besser als „bio“ ist hier aus meiner Sicht völlig irrelevant. Und so wie beim Einkauf vom hochwertigen Fleisch, egal ob im Supermarkt, beim Fleischer oder direkt beim Bauern gilt die Tatsache, wer nur die besten Stücke vom Tier wünscht, zahlt dementsprechend mehr. Das ist nun mal die Regel.
Wer ein ganzes Tier oder zumindest eine Art Mischpaket kauft, zahlt bis zu einem Drittel weniger als für einen einzelnen Rehrücken. Man bekommt für alle Zubereitungsarten passende Stücke, mit denen man wochenlang eine ganze Familie ernähren kann. Man muss nur die leider in Vergessenheit geratene traditionelle Fertigkeit, alle Teile eines Tieres komplett zu verwerten, wieder erlernen und anwenden. Allein schon aus Respekt dem Tier gegenüber. Da fallen die Diskussionen über Massentierhaltung und übermäßigen Fleischkonsum, die wohlgemerkt durch den steigenden Wohlstand der letzten Jahrzehnte und das Überangebot an Nahrungsmitteln entstanden sind, schon bald von alleine weg.
Wir Konsumenten haben es in der Hand!
Heimisches Wildbret kaufen
Lokale Ressourcen stärken und damit der Krise trotzen!
In dieser Woche beginnt die neue Wildsaison. Am Land ist es natürlich deutlich einfacher an frisches Wildbret zu kommen. Ausgewählte Fleischereien, kleine Lebensmittelhändler und in erster Linie die örtliche Jägerschaft und die einzelnen Jäger bieten laufend frisches Wildbret an. Man muss nur im Klaren sein, dass Wild ein natürliches Produkt ist und nicht jederzeit und in beliebigen Mengen auf Abruf vorhanden ist.
Über folgende Quellen können Sie z.B. Anbieter für heimisches Wildbret finden:
- Auf der Plattform www.wildbret.at findet man zertifizierte Wildbret-Anbieter, die ausschließlich Fleisch von heimischen Wildtieren, die dem Jagdrecht unterliegen, verkaufen (Niederösterreichischer Landesjagdverband)
- Auf der Webseite des NÖ Landesjagdverbandes gibt es eine Übersicht zu bestehenden Direktvermarktern.
- Der Landesjagdverband Burgenland hat ebenfalls eine Initiative zur Direktvermarktung gestartet. Alle Informationen können unter www.wild-burgenland.at abgerufen werden.
Außerdem wird von Jagd Österreich zurzeit an einem Projekt gefeilt, nach dem es schon bald eine österreichweite Plattform und ein einheitliches Label die Direktvermarktung geben wird.
Autorin:
Dr. Elena Huber
Elena Huber ist leidenschaftliche Köchin, Seminarbäuerin und Unternehmerin. Sie möchte das Bewusstsein für saisonale und regionale Lebensmittel stärken und Wildbret als edles hochwertiges Produkt am Markt positionieren.
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Bildquellen für diesen Beitrag: Jagdfakten.at/L. Molter
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