Wasserstress! Was bedeutet Wasserknappheit für die Wildtiere?

Auch unseren heimischen Wildtieren macht die Wasserknappheit zu schaffen.
Wie die Tiere damit umgehen – und was wir Menschen tun können, um ihnen zu helfen.

WASSER-
KNAPPHEIT

WASSER-
KNAPPHEIT

Wasserstress. Ja, dieses Wort gibt es wirklich.
Vereinfacht gesagt bezeichnet man damit die Wasserknappheit, unter der weite Teile unseres Planeten ächzen.

Katar, Israel, Kuwait und Libanon – das sind statistisch gesehen jene Länder, die am stärksten unter Wasserstress leiden. Doch auch wir in Mitteleuropa wissen, wie schnell wir auf dem Trockenen sitzen können. Zum Beispiel, wenn auf Titelseiten großer Tageszeitungen einmal mehr über die nicht enden wollende Hitzewelle gestöhnt wird – und verzweifelte LandwirtInnen, KlimaforscherInnen und ExpertInnen Alarm schlagen. Doch nicht nur wir Menschen sind von Wasserknappheit bedroht. Sondern natürlich vor allem auch Wildtiere, die den klimatischen Extremen in freier Natur ausgesetzt sind.

Was bedeutet Wasserknappheit für unser heimisches Wild genau? Wir haben auf die wichtigsten Fragen die Antworten:

Wie viel Wasser
brauchen Wildtiere?

Als Faustregel gilt: Wildtiere brauchen pro Kilogramm Körpergewicht rund 60 Milliliter Flüssigkeit.

Zur Orientierung: Ein Glas Wasser entspricht in der Regel maximal 250 Milliliter.
Das bedeutet, ein ausgewachsenes Reh mit rund 20 Kilogramm braucht pro Tag idealerweise 1,2 Liter Flüssigkeit.

Was besonders erstaunt: Über das Trinkverhalten und die Flüssigkeitszufuhr von freilebendem Wild gibt es relativ wenig wissenschaftlich fundierte Daten. Was man weiß: Die meisten Rehe nehmen die notwendige Flüssigkeit in der Regel nicht trinkend, sondern essend auf. Nur in besonders langanhaltenden Hitzeperioden wagen sie sich an Fluss- oder Teichufer heran, um zu „schöpfen“, wie man in der Jägersprache sagt. Auch für andere Wildtiere gilt: Reines Wasser getrunken wird nur, wenn es wirklich kritisch wird.

Wie essen und trinken Wildtiere
in Zeiten von Wasserknappheit?

 

In langen Trockenheitsphasen entwickeln Wildtiere gefinkelte Ernährungsstrategien. Sie konzentrieren sich dabei meist auf Blättchen und Knospen – und zwar in aller Herrgottsfrühe. Warum? Weil dieses Grünzeug dann mit ganz schön viel Morgentau benetzt ist.

Das führt in Zeiten extremer Trockenheit sogar dazu, dass Wildschweine voll auf vegetarische Blätterkost umschwenken. Eben wegen der vielen Flüssigkeit, die Blätter, Knospen oder Gräser zu früher Stunde enthalten. Und natürlich auch, weil diese zu essen viel weniger anstrengend ist, als nach Schnecken, Würmern oder kleinen Vögel zu suchen.

Von Feldhasen weiß man übrigens, dass sie während der wasserarmen Hitzewellen vorzugsweise in Rübenackern herumstöbern, um die saftreichen Pflanzen abzubeißen und den austretenden Pflanzensaft zu abzulecken.

Wie verhalten sich Wildtiere,
wenn das Wasser knapp wird?

In Zeiten der Wasserknappheit ändern Wildtiere nicht nur ihre Essensgewohnheiten, sondern auch ihr gesamtes Bewegungsverhalten. Und zwar auf zwei Arten:

1. Einerseits fahren sie ihre körperliche Aktivität radikal zurück. Sie lassen sich an schattigen, ruhigen Plätzen im Wald nieder, idealerweise wählen sie diesen Platz auch so aus, dass er möglichst nah an einer Wasserstelle liegt. Das kann ein Fluss oder ein Bächlein sein, ein Teich oder ein See – oder Feuchtbiotope, die ganz bewusst von JägerInnen angelegt wurden. Dazu gleich mehr.

2. Was man jedenfalls auch weiß: Rotwild kann gerade in Zeiten der Wasserknappheit lange Strecken zurücklegen, um zu Seen oder anderen Gewässern zu gelangen. Dort trinkt das Rotwild nicht nur – es geht in der Dämmerung auch gerne baden. Das ist selbst für erfahrene JägerInnen ein seltener Anblick.

Kann der Mensch Wildtieren
in Zeiten der Wasserknappheit helfen?

Und wenn ja, wie? Die kurze Antwort lautet: Ja.

Die längere: Ja, aber bitte nicht irgendwie, weil gut gemeint ist ja nicht gleich gut gemacht. Was wirklich hilft und den Wildtieren in trockenen Zeiten guttut, das wissen JägerInnen oft am besten. Vor allem jene, die über ein eigenes Revier verfügen und dieses oft rund um die Uhr beobachten. So legen sie beispielsweise an den geeigneten Stellen – also Mulden oder Kuhlen – Feuchtbiotope an. Diese werden gerade in wasserarmen Phasen zu Orten des blühenden Lebens, weil neben dem Wild auch Insekten, Weichtiere und Vögel davon profitieren. Wildschweine und Hirsche suhlen sich liebend gerne darin – und schützen sich durch die getrocknete Schlammschicht vor Ungeziefer.

Außerdem können JägerInnen durch entsprechende Tafeln WaldgängerInnen für die schwierige Situation der Wildtiere in Zeiten von Wasserknappheit sensibilisieren: An heißen Tagen sollten sich besagte WaldgängerInnen im Wald möglichst ruhig und leise verhalten, da die Tiere sich im Wassersparmodus befinden – und jedes Aufscheuchen sie unnötige Energie kosten würde.

Fazit: Unsere heimische Wildtierpopulation kann erstaunlich gut mit Wetterextremen umgehen. Diese gab es in Mitteleuropa schließlich auch, bevor der Klimawandel die Schlagzeilen dominierte. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte hingegen lautet: Die Extreme werden immer extremer – und immer länger.

Zu wissen, worauf es für Wildtiere in Zeiten der Wasserknappheit ankommt, wird also in Zukunft von unschätzbarem Wert sein. Nur so können wir Menschen wirklich dabei helfen, die Folgen des Wasserstresses für die heimische Wildtierpopulation zu lindern. Und damit die Artenvielfalt aufrechterhalten.

UNSERE
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Bildquellen für diesen Beitrag: © Unsplash
Autor für diesen Beitrag: L. Palm / Jagdfakten.at

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